Geschichte - Eisschwimmen früher und heute
Das Eisschwimmen ist keine Erfindung der letzten Jahre, auch wenn man diesen Eindruck haben könnte. Tatsächlich hat die Pandemie der Verbreitung von Outdooraktivitäten nachhaltig geholfen, so auch dem Eisschwimmen. Aber das Baden und Schwimmen in eiskaltem Wasser reicht weit zurück.
Schon Johann Wolfgang von Goethe pflegte das Eis auf der Ilm aufzuhacken, um darin baden zu gehen. Er sprach von der erfrischenden Wirkung des eiskalten Wassers auf Geist und Körper. Und Sebastian Kneipp, ein bayerischer Priester und Naturheilkundler, der im 19. Jahrhundert lebte und wirkte, entwickelte die Kneipp-Therapie, die auf der Anwendung von Wasser, Bewegung, Ernährung und Heilpflanzen basiert. Kneipp glaubte an die Selbstheilungskräfte des Körpers und förderte die Gesundheit durch natürliche Mittel.
Es gibt drei Grundregeln für kalte Kneipp-Anwendungen: Nie eine kalte Anwendung auf warmer Haut vornehmen. Die Anwendungszeit verkürzt sich mit der sinkenden Wassertemperatur. Und für den besten Effekt wird die Wassertemperatur nur so kalt wie nötig gewählt. Ein wichtiger Bestandteil der Kneipp-Therapie sind die kalten Waschungen. Die Schlüsselpunkte definierte Kneipp vor über 200 Jahren wie folgt: Die Wirkung der Waschung soll der Abhärtung, Beruhigung und Nervenstärkung dienen. Die Durchblutung der Haut wird dabei verbessert und das Herz-Kreislauf-System wird entlastet. Regelmässige Waschungen sollen den Wärmehaushalt stabilisieren und das Immunsystem stärken. Das sogenannte «Kneippen» ist vor allem den älteren Generationen sehr gut bekannt.
Berühmte Eisschwimmer
Wim Hof ist ein niederländischer Extremsportler, der auch unter dem Namen «The Iceman» bekannt ist. Er hält zahlreiche Weltrekorde im Ertragen extremer Kälte. Im Jahr 2000 stellte er mit 58 Metern einen neuen Weltrekord für das Tauchen unter einer Eisfläche auf. 2009 lief er in Finnland im nördlichen Polarkreis einen Marathon in 5 Stunden und 25 Minuten. Dabei trug er bei Temperaturen um –20 Grad lediglich Sandalen und Shorts. Ebenfalls nur mit Sandalen und Shorts bestieg er 2009 den Kilimandscharo. Wim Hof ist der Rekordhalter für das längste Eisbad. Einen Rekord, den er mehrfach selber brach, zuletzt im Jahr 2011, als er fast zwei Stunden bis zum Hals in Eiswasser sass. Unter der Wim-Hof-Methode versteht man eine Kombination aus speziellen Atemtechniken, Kältetherapie und mentaler Fokussierung, um das eigene Potential zu maximieren. Durch Atemübungen und kalte Duschen hat er nicht nur seine eigenen Grenzen gesprengt, sondern auch vielen Menschen geholfen, ihre sportliche Leistung zu steigern, die Folgen von Autoimmunerkrankungen zu lindern und zu sich selbst zu finden.
Leider besteht ein Teil seiner Methode darin, im eiskalten Wasser zu hyperventilieren. Bis heute sind nachweislich über ein Dutzend Personen verstorben, die diese Methode im Wasser angewendet haben. Auch polarisiert er mit Aussagen dazu, dass die Kälte Krebs, Diabetes, Corona, Autoimmunerkrankungen und vieles mehr heilen könne, was ich ablehne. Der Name Wim Hof steht dennoch für Kältetraining und Atemtechnik. Er hat einen grossen Beitrag für die Akzeptanz von Kälteanwendungen geleistet. Weitere berühmte Namen des Eisschwimmens sind Ram Barkai, Lynne Cox, Lewis Pugh und Cath Pendleton. Ram Barkai fing erst im Alter von 40 Jahren an zu schwimmen und stellte unter anderem den «Antarctica Guinness World Record» auf. Er ist der Gründer der International Ice Swimming Association (IISA). Lynne Cox schwamm in der Antarktis 1,06 Meilen in nur 25 Minuten. Und Lewis Pugh ist ein britischer Umweltschützer, der als erster Mensch auf allen fünf Ozeanen der Welt Langstrecken schwamm. Er gilt als der beste Kaltwasserschwimmer der Welt. Cath Pendleton wiederum ist der erste Mensch, der eine «Extreme Ice Mile», eine Eismeile im arktischen Zirkel, geschwommen ist.
Veranstaltungen und Vereinigungen
Es gibt seit rund hundert Jahren zunehmend Veranstaltungen in Europa, die das Eisschwimmen zelebrieren und in besonderer Atmosphäre zum
Erlebnis machen. In London lädt beispielsweise seit den 1940er-Jahren in Hampstead das eiskalte Wasser der Schwimmteiche in der Parkanlage ein, in Tschechien findet seit 1923 jeweils am 2. Weihnachtsfeiertag das Moldauschwimmen statt, während im schwedischen Skellefteå der zugefrorene Fluss zu einem wahren Eisschwimmer-Wintermärchen und dem Wettkampfbecken für die offenen skandinavischen Meisterschaften wird. Seit 1999 gibt es sogar eine Weltmeisterschaft für das Winterschwimmen, durchgeführt von der International Ice Swimming Association (IISA). Aber auch in der Schweiz finden zahlreiche Anlässe statt, darunter das Limmatschwimmen in Zürich, das Blauseeschwimmen im Berner Oberland, der Gfrörli-Cup in Biel, die Coupe de Noël in Genf, das Blaueierschwimmen im Greifensee oder das Tell-Winterschwimmen in Brunnen.
Die IISA wurde im Jahr 2009 vom berühmten Eisschwimmer Ram Barkai gegründet. Sie führt ein umfassendes Regelwerk für die Sicherheit und Schwimmregeln und ihre Mitglieder etablierten weltweite Schwimmrekorde. Der Begriff «Eisschwimmen» wurde erstmals definiert als das Schwimmen unter freiem Himmel bei einer Wassertemperatur von 5 Grad oder kälter. Als Ausrüstung sind dabei nur ein Standard-Schwimmanzug, eine Schwimmbrille und eine Standard-Silikonkappe (max. 50 Gramm) zugelassen. Mittlerweile hat die IISA in 73 Ländern Mitglieder. Darunter sind Eisschwimmer aus 43 Nationen, die einen Kilometer oder mehr geschwommen sind.
Die IISA ist überzeugt, dass sich das Eisschwimmen zu einer olympischen Disziplin entwickeln wird. Dadurch wäre das Schwimmen die erste Sportart, die es den Teilnehmenden ermöglicht, sowohl bei den Olympischen Winter- als auch den Sommerspielen im gleichen Sport anzutreten.
Die International Winter Swimming Association (IWSA) ist die Organisation für alles rund um das aufregende Winterbaden. Seit ihrer Gründung im Jahr 2006 setzt sie sich für die Förderung und Organisation dieses faszinierenden Sports ein. Zu den Hauptveranstaltungen gehören die Winter Swimming World Championships, eine internationale Wettkampfserie, die alle zwei Jahre stattfindet und Winterschwimmer aus der ganzen Welt vereint. Die IISA und die IWSA wechseln sich jährlich in der Ausrichtung der Weltmeisterschaften ab. Für Schweizer Vertreter an IISA-Veranstaltungen gibt es seit 2023 eine offizielle Landesgruppe. Die IISA Switzerland stellt bei internationalen Wettkämpfen die Koordination und Kommunikation zum globalen Verband sicher. Sie ist auch zuständig für den regionalen Aufbau einer Gemeinschaft von Eisschwimmern und fördert das Interesse an der Sportart. Zudem setzt sie sich für eine Förderung der Ausbildung ein und widmet sich der Sicherheit im Eisschwimmen. Die IISA Schweiz verfügt über 48 registrierte Mitglieder.
Auszug aus dem Buch EISKALT SCHWIMMEN von Jeannette Stangier-Bors